Nachwuchsforschungsgruppe der Hans-Böckler-Stiftung

Nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle am 9. Oktober 2019, bei dem der Täter seine Taten mit einem Smartphone filmte und live ins Internet streamte, ist plötzlich die Rede von der Gamification bzw. Gamifizierung des Terrors. Doch ist dieser Begriff tatsächlich geeignet, um die besonderen Charakteristika des Anschlags zu beschreiben? Oder handelt es sich um ein modisches Schlagwort, das mehr verschleiert als erklärt? Hendrik Puls argumentiert im dritten "Working Paper" der NFG020, dass der Begriff gemieden werden sollte, da sich die Bedeutungszusammenhänge des aus anderen Kontexten entlehnten Begriffes Gamification nicht auf rechtsmotivierte Gewalttaten übertragen lassen. Am Beispiel des Anschlags von Halle zeigen sich vielmehr veränderte Inszenierungsformen von Gewalt sowie bislang noch eher wenig beachtete „radikale Milieus“, die sich vor allem mittels des Internets konstituieren.

Hier das "NFG020 Working Paper #3" downloaden.

Anhand von polizeilichen Hellfeld-Daten haben wir untersucht, inwieweit sich die Altersstruktur von Tatverdächtigen und Opfern rechtsmotivierter Gewalt seit 2007 in Nordrhein-Westfalen gewandelt hat. Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf der Entwicklung der vergangenen Jahre, die durch einen Anstieg der registrierten rechtsmotivierten Gewaltdelinquenz geprägt waren. Die Ergebnisse zeigen, dass die übliche Verknüpfung von rechtsmotivierter Gewalt mit Jugenddelinquenz zu hinterfragen ist.

Der Artikel erschien zuerst in: Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe (ZJJ) 2019 (3), S. 196-204.

Hier das "NFG020 Working Paper #2" downloaden.

Hendrik Puls referiert in den kommenden Monaten zum Thema Rechtsterrorismus:

"Rechtsterrorismus in Deutschland. Zwischen NSU und Lübcke-Mord" ist der Titel eines Vortrags beim "Netz gegen Rassismus" des DGB am 19. Oktober 2019 in Hannover.

Zusammen mit Dr. Barbara Manthe referiert er zur "Geschichte und Aktualität des Rechtsterrorismus" am 30. Oktober 2019 in der Alten Feuerwache in Köln.

Auf Einladung der Bundesarbeitsgemeinschaft Ausstieg und Einstieg spricht er am 9, Dezember 2019 in Recklinghausen zum Thema: "Wieder nur ein Einzeltäter? Dimensionen des Rechtsterrorismus in Deutschland". 

Wie viele Menschen seit 1990 in Deutschland durch rechtsmotivierte Gewalt zu Tode gekommen sind, ist umstritten. Journalist*innen und zivilgesellschaftliche Akteure weisen seit Jahren mehr Todesopfer aus, als in der behördlichen Statistik geführt werden. In Brandenburg und Berlin haben unabhängige Forscher*innenteams diese umstrittenen Fälle untersucht. In Folge dessen sind einige Tote nun auch staatlicherseits als Opfer rechtsmotivierter Gewalt anerkannt worden. Für Nordrhein-Westfalen steht eine solche wissenschaftliche Untersuchung noch aus.
Der Beitrag unseres ersten "NFG020 Working Papers" zeigt auf, dass auch in dem westlichen Bundesland eine Diskrepanz zwischen den staatlichen und zivilgesellschaftlichen Erhebungen besteht. Anhand des als nicht politisch motiviert geltenden Dreifachmords von Overath aus dem Jahr 2004 werden exemplarisch Indizien für ein rechtsextremes Tatmotiv zusammen getragen.
 
 

Die Tageszeitung "Neues Deutschland" berichtet am 30.09.2019 über die Studie der NFG020 zur gewandelten Altersstruktur von Tatverdächtigen rechtsmotivierter Gewalt in NRW, die in Heft 3/2019 der Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe (ZJJ) erschien. In dem Zeitungsartikel heißt es u.a.:

Eine Entwicklung, die sich auch in der Altersstruktur rechter Gewalttäter niederschlägt, wie Max Laube, Hendrik Puls und Claudia Tutino herausgefunden haben. Die Nachwuchswissenschaftler der Hans-Böckler-Stiftung forschen zu »Rechtsextremer Gewaltdelinquenz«. In einem kürzlich, in der »Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe« veröffentlichten Papier haben sie sich angeschaut, wie alt Tatverdächtige rechter Gewalttaten in den Jahren 2007 bis 2017 waren. Puls erklärt: »Es gibt einen grundlegenden Wandel bei den Tatverdächtigen. In den 1990er Jahren wurde eine Mehrzahl der rechten Gewalttaten von Jugendlichen und Heranwachsenden begangen. Entweder diese Personen sind noch immer gewalttätige Rechte, dann haben wir es mit zahlreichen Intensivtätern zu tun, was ich aber eher für unwahrscheinlich halte. Oder aber Erwachsene werden heute mit rechten Gewalttaten erstmals oder, nach einer Phase des Abbruchs, erneut auffällig.«

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