Programm am 14. September 2023
10:30 bis 11:00 Uhr Ankommen
11:00 bis 11:15 Uhr Begrüßung
11:15 bis 13:00 Uhr Panel 1: Entwicklungen rechtsmotivierter Gewalt
Im Zuge der so genannten „Flüchtlingskrise“ in den Jahren ab 2014 ließ sich bundesweit ein drastischer Anstieg rechtsmotivierter Gewaltdelinquenz beobachten. In diesem Panel soll der Frage nachgegangen werden, auf welche Täter:innen-Gruppen dieser Anstieg zurückzuführen ist und welche Unterschiede sich im Vergleich zur Täterstruktur der 1990er Jahre zeigen. Ein weiterer Fokus liegt dabei auf rechtsmotivierten Brandstiftungsdelikten sowie auf der regionalen Spezifik rechter Gewalt in Berlin.
Dr. Jana Berberich (NFG 020) und Max Laube (NFG 020) stellen ihre Erkenntnisse über den Wandel der Täter:innenstruktur rechter Gewaltdelinquenz der Jahre 2013 bis 2019 vor. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Analyse rechtsmotivierter Brandstiftungsdelikte gelegt, da diese Deliktform im genannten Zeitraum einen besonders starken Anstieg erfahren hat.
Prof. Dr. Frank Neubacher (Universität zu Köln) referiert zu den Erkenntnissen seiner Dissertation zu fremdenfeindlichen Brandanschlägen in den 1990er Jahren. Seine Befunde, die mittlerweile zum Kanon der deutschsprachigen Gewalt-forschung gehören, werfen ein Schlaglicht auf Taten und Täter:innen fremdenfeindlicher Brandanschläge sowie auf die justizielle Bearbeitung der Taten.
Dr. Michael Kohlstruck (Technische Universität Berlin) hat an der Arbeitsstelle Jugendgewalt und Rechtsextremismus des Zentrums für Antisemitismusforschung mit seinem Team zwei Studien zu rechter Gewalt in der Hauptstadt erarbei-tet. Er wird die Befunde von 2009 und 2020 vergleichend darstellen und der Frage nach Kontinuität und Wandel von Tat-, Opfer- und Tä-ter:innenstrukturen nachgehen.
13:00 bis 14:00 Uhr Mittagspause
14:00 bis 15:30 Uhr Panel 2: Rechtsterrorismus und Einzeltäterschaft
Seit den Anschlägen von Breivik im Jahr 2011 in Norwegen hat sich das wissenschaftliche Interesse an einzeln agierenden Tätern rechtsterroristischer Gewalt stark erhöht. Umfassende Arbeiten zum Phänomen rechtsterroristischer Einzeltäter in Deutschland liegen aber noch nicht vor. Umstritten ist, was Alleinhandeln bei diesen Tätern bedeutet und wie ihre Bezüge zu politischen Bewegungen und Diskursen zu fassen sind. Zudem besteht in vielen Fällen Dissens in der Beurteilung der Tat als politisch motiviert, wenn sich persönliche Motivlagen und psychische Auffälligkeiten mit politischen Begründungen vermischen.
Hendrik Puls (NFG 020) unter-sucht mittels einer Analyse von Strafverfolgungsakten rechtsterroristische Einzeltäter, die zwischen 2000 und 2020 Anschläge in Deutschland verübten. Im Fokus steht dabei insbesondere deren politische Einbettung, worunter das soziale Beziehungsgeflecht verstanden wird, das Täter mit rechten Mi-lieus und Gruppierungen verbindet.
Prof. Dr. Stefan Malthaner (Hamburger Institut für Sozialforschung) war an mehreren umfangreichen Studien zum Einzeltäterterrorismus beteiligt und fordert, die soziale und kollektive Dynamik dieser Form von Gewalt ernst zu nehmen. Er plädiert dafür, Einzeltäterschaft als eine spezifische soziale Konfiguration zu analysieren, um Radikalisierungsprozesse und die Kontexte der Gewalttaten erfassen zu können.
Prof. Dr. Fabian Virchow (Hochschule Düsseldorf) ist Leiter des Forschungsschwerpunkts Rechts-extremismus/Neonazismus (FORENA). Er untersuchte die oftmals als „Manifeste“ bezeichneten Tatbekenntnisdokumente als eine im Zusammenhang mit terroristischer Gewalt genutzte Kommunikationsform politischer Botschaften.
15:30 bis 16:00 Uhr Pause
16:00 bis 17:30 Uhr Panel 3: Polizieren rechtsmotivierter Gewalt
Die polizeiliche Bearbeitungspraxis von rechtsmotivierter Gewalt gehört zu einem bislang kaum beforschten Bereich der polizeiwissenschaftlich orientierten Organisationsforschung. Das Polizieren rechter Gewalt steht folglich im Fokus dieses Panels. Politische Motive einer Tat wahrzunehmen, zu bewerten und entsprechend zu bearbeiten erfordert ein besonderes Maß an politischer Sensibilität und Wissen. Einige Forscher:innen untersuchten in den letzten Jahre die Motivlagen bestimmter Tötungsdelikte auf Länderebene neu und stellten fest: bei einigen Taten wurden die rechten Motive nicht erkannt. Offen bleibt, welche Faktoren in der polizeilichen Bearbeitungspraxis genau dazu beitragen, politische Motive zu erkennen und welche Gründe dazu führen, politische Motive nicht wahrzunehmen.
Claudia Tutino (NFG 020) untersuchte in vier Bundesländern das Polizieren rechter Gewalt. Im Zentrum ihrer qualitativen Untersuchung steht die polizeilichen Wahrnehmungs- und Bewertungspraxis von rechtsmotivierten Gewalttaten. Dabei rekonstruiert sie das Polizieren rechter Gewalt vom „ersten Angriff“ des Streifendienstes bis zur Bearbeitung in Fachkommissariat des Staatsschutzes, um fördernden und hemmenden Faktoren einer gelingenden Motiverkennung auf den Grund zu gehen.
Prof. Dr. Vanessa Salzmann (Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW) ist Soziologin. Ihr Forschungsinteresse gilt u. a. dem Verhältnis von Rechtsextremismus und Polizei. Aus organisa-tionssoziologischer Perspektive blickt sie auf die Ermittlungen zum NSU. Dabei geht sie der Frage auf den Grund, welche organisationalen Strukturen der Polizei dazu beigetragen haben, dass der NSU viele Jahre nicht entdeckt wurde. Mit einer rassismussensiblen Perspekti-ve verweist sie auf die Notwendigkeit der Prävention sowie einer organisatorischen (Neu-)Ausrichtung.
Dr. Alexander Niedermeier (Zentrum für politische Bildung und Vielfalt in der Polizei NRW) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Landesamt für Ausbildung, Fortbil-dung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW. Er setzt sich ins-besondere aus der Perspektive der Sicherheitsforschung mit dem Thema rechtsmotivierte Gewalt auseinander. Auf theoretischer Ebene nimmt er eine international-vergleichendem Perspektive zum Thema Polizieren rechter Gewalt ein und erlaubt damit einen Blick über den nationalen Tellerrand Deutschlands hinaus.
17:30 bis 18:00 Uhr Pause
18:00 bis 18:30 Uhr Zusammenfassung und Abschlusskommentar
Prof. Dr. Tobias Singelnstein (Goethe-Universität Frankfurt) ist Professor für Krimino-logie und Strafrecht. Er ist Leiter der Nachwuchsforschungsgruppe 020 und Vertrau-ensdozent der Hans-Böckler-Stiftung.
Veranstaltungsort
Goethe-Universität Frankfurt am Main
Campus Westend
FNO-Gebäude („Normative Orders“)
Max-Horkheimer-Str. 2
Raum: EG.01
60323 Frankfurt am Main